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27.02.09 Aluminé - Chillán

590 km

   
via Icalma (Chile); Traiguén; Angol; Los Angeles; Yungay

21.02.09, 119 km
Am Morgen war es wieder bitterkalt, und als ich um 08.30 Uhr losfuhr, war ich um jeden Sonnenstrahl froh. Hätte ich etwas langärmliges anziehen sollen? Na ja, mit der Sonne wurde es rasch wärmer, und mit meinem Schnupfen geht es mir immer noch besser als meinem Zimmernachbarn in der Hostería, welcher sich gestern Nacht nochmals das Essen durch den Kopf gehen liess...

Die Strasse folgte dem Río Aluminé immer ganz sanft bergauf, so dass ich eine ordentliche Geschwindigkeit drauf hatte. Dann kam ich auf den unasphaltierten Abschnitt, welcher gemäss Touristeninfo 19 Kilometer lang ist. Leider war dieser Abschnitt aber 4 Kilometer länger, und während es zu Beginn noch gut voran ging, wurde die Sandauflage immer dicker, weshalb es immer schlechter rollte und die Reifen manchmal auch steckenblieben. Als ich den Lago Aluminé erreichte, sah ich eine Strasse die Bergflanke hinaufklettern. Zum Glück musste ich da nicht hoch, denn die nun wieder asphaltierte Strasse ging mehr oder weniger eben dem See entlang.

Kurz vor Villa Pehuenia, welches am Ende des Sees liegt, konnte ich dann mein zweites Jubiläum am heutigen Tag feiern: nach 2‘000 Kilometern auf unasphaltierten Strassen habe ich auch den 10‘000. km erreicht!

Gleich nach Villa Pehuenia war dann die argentinische Grenzkontrolle, und nun musste ich doch noch bergauf klettern – die letzten 4 Kilometer dann auch i Gegenwind, die dafür wieder etwas flacher waren. Ab der Passhöhe war dann wieder fertig lustig und es ging auf Schotter bergab. Eine Handvoll Kilometer später kam ich in Icalma an, und ich hatte ein ganz mulmiges Gefühl: Links und rechts entlang der Strasse fahre ich durch Häuserzeilen, aber die chilenische Grenzstation habe ich nirgends gesehen! Fast am Ende dieser Häuseransammlung kriegte ich dann doch noch den Stempel in den Pass, wobei dies eine der bisher schnellsten Zollabfertigungen in Chile war. Während die Autos vor mir genauestens kontrolliert und durchsucht wurden, wollte der Zollbeamte nur wissen, was ich in den Packtaschen habe – damit hat er sich bei mir begnügt, und 5 Minuten nach Ankunft fuhr ich durchs Wasserbad und dann Lonquimay entgegen.

Nachdem ich in Villa Pehuenia fast die Etappe abgebrochen hatte (leerer Kopf, aber das Wetter ist zu schön!), wollte ich dann von Icalma aus noch so 20 Kilometer fahren und so bei 100 Tageskilometern mein Zelt aufstellen. Es folgte dann aber die beste Schotterpiste, die ich in Chile bisher gesehen habe, und der Rückenwind unterstützte mich auch noch. So fuhr ich durch bis Liucura, wo ich aber keine Unterkunft sichten konnte. Nun ging es wieder auf Asphalt weiter, weiterhin ganz leicht bergab. Aber warum muss da immer in Sichtweite ein Haus stehen? Schlussendlich wählte ich dann doch einen Zeltplatz, der immerhin von der Strasse verdeckt ist. Da musste ich dann zuerst einige Dornen entfernen, denn es ist hier ziemlich trocken.

22.02.09, 65 km
Heute nacht wurde es nicht ganz so kalt wie noch vor 2 Tagen, weshalb ich den Schlafsack wieder als Decke verwenden konnte. Am Morgen wusste ich dann schon, dass ich ein wenig später losfahren werde. Nicht nur, weil es dann doch etwas wärmer ist, sondern auch, damit das Zelt trocknet. So wälzte ich mich noch ein wenig auf meiner Matte, studierte Karten und Bücher – und war dann völlig überrascht, als die Uhr bereits nach 9 Uhr anzeigte, als ich einen Blick darauf warf.

Nach dem Frühstück und dem Zusammenpacken ging es dann gegen 10.30 Uhr wieder auf die Strasse. Zuerst ging es noch überwiegend bergab, wobei ich in einer steileren Abfahrt auch Glück hatte. Zuunterst in der Senke, als ich den Topspeed von fast 60 km/h erreichte, war ein riesiges Schlagloch, welches ich wegen dem Licht-Schatten-Wechsel nicht sah. Zum dritten Mal innert weniger Tagen gab es daher einen Schlag bis auf die Felge – und eine der Seitentaschen blieb auch nur knapp am Rad hängen!

Je näher ich Lonquimay kam, desto mehr wurde es flacher oder es ging sogar leicht bergauf, wobei mir dann auch noch der Wind entgegenwehte. Ab Lonquimay gibt es zwei Möglichkeiten, weiterzukommen: Entweder auf der Hauptstrasse, wo es einen für Radfahrer gesperrten Tunnel gibt, oder auf einer geschotterten Nebenstrasse, wo es bis auf 1‘400 Meter hoch gehen soll. Ich wählte die zweite Variante – und die brach mich wirklich an den Anschlag! Auf 6.5 Kilometer 500 Höhenmeter hochklettern ist auf Schotter und mit so viel Gepäck einfach brutal!!! Zwischendurch musste ich auch schieben, und kam selbst da ausser Puste! Immer wieder legte ich mich unter einen schattigen Baum und machte Pause, um mich wieder abzukühlen und Kräfte für die nächsten Meter zu sammeln. Oben wurde es dann wieder ein bisschen flacher, so dass ich alles fahren konnte, aber als ich das Skizentrum erreichte (wenn ich richtig gezählt habe, gibt es da zwei kleine Skilifte...), ging es immer noch weiter bergauf. Schlussendlich, nach insgesamt 700 erkämpften Höhenmetern, fuhr ich auf einer Höhe von 1‘650 Metern über den Scheitelpunkt.

Auf der anderen Seite ging es dann genauso steil in Serpentinen wieder runter. Ob es auf der anderen Seite auch Serpentinen hatte? Keine Ahnung!!! Offensichtlich hat mein Körper alle Kräfte in die Fortbewegung investiert und das Gehirn nur noch überlebensnotwenige Funktionen ausgeführt – und das Speichern von Landschaftsinformationen gehört offensichtlich nicht dazu!

Als ich wieder auf die asphaltierte Hauptstrasse einbog, war da gleich das 90 Kilometer-Schild am Strassenrand. Super, nur noch 5 Kilometer bis zum Suizandina! Es wurden dann aber 7, und die waren mit dem Gegenwind auch nicht zu unterschätzen... Nach meiner Ankunft reinigte und ölte ich dann gleich das Velo. Und da ich in den nächsten Tagen keinen Ripio mehr erwarte, habe ich die Reifen auch wieder so richtig aufgepumpt. Danach unter die Dusche – und die Beine sind heute superschwer! Da werde ich sicher wieder gut schlafen!

Dass die Höhenanzeige an meinem Velocomputer nicht schlecht stimmt, konnte ich auch noch feststellen. Beim Suizandina steht ein gelber Wanderwegweiser vor dem Haus (Schweiz 12‘400 km!), wo die Höhe mit 980 Meter über Meer angegeben wird – und bei mir werden 976 Meter angezeigt!

23.02.09, 117 km
Am Frühstücksbuffet habe ich wieder mal richtig zugelangt: Rührei mit Schinken, Müsli mit Joghurt, Brot mit Konfitüre, Banane... Das gab Kraft für den heutigen Tag – und die benötigte ich auch mehr als erhofft! Bis Curacautín ging es zwar zuerst abwärts, mit ein paar Gegensteigungen allerdings. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was nach Curacautín folgte: 6 Steigungen galt es zu bewältigen, die ersten 5 davon direkt hintereinander. Dabei war die erste Steigung die längste (ca. 10 Kilometer), die 3. die steilste (Pause notwendig) und ab der 4. kam dann wieder Wind von schräg vorne auf. Wenn man sich am Morgen auf einen gemütlichen Abfahrts-Tag einstellt, ist das besonders hart...

Bei einer der Steigungen hat mich auch ein Bus mit Solothurner Kennzeichen hupend überholt – die Besitzer können auch froh sein, dass die MFK keine Prüfungen im Ausland vornimmt...

In Victoria habe ich dann die Panamericana überquert, welche hier als mehrspurige Autobahn ausgebaut ist. Viele Radler nehmen in dieser Gegend gemäss meinen Informationen den Zug bis nach Santiago oder nehmen eben die Panamericana, um möglichst schnell nach Santiago zu kommen. Ich meinerseits versuche, die Panamericana zu meiden und auf Nebenstrassen nordwärts zu kommen. Auf der Route, die ich mir da zurechtgelegt habe, umfahre ich auch die Moloche Santiago, Valparaíso oder Viña del Mar – alles nichts für mich!

Deshalb waren es ab Victoria dann noch 30 Kilometer bis Traiguén. Da war es dann zwar flach, aber wegen dem Wind genauso wenig einfach. Da war ich dann immer froh, wenn links eine Allee war, damit der Wind wenigstens ein bisschen abgewendet wurde. Dennoch hoffe ich aber, dass diese Windrichtung noch ein paar Tage bleibt, denn dann würde ich ab morgen nordwärts geschoben! Traiguén ist ein kleines Städtchen, wo ich mich im Hotel einen Block von der Plaza des Armas entfernt niedergelassen habe.

24.02.09, 68 km
Nachts spürte ich meinen rechten Arm doch etwas mehr als erhofft. 10 Kilometer vor Traiguén hatte mich gestern nämlich eine Biene gestochen, als ich mich unter einem schattenspendenden Baum ausruhte. Das blöde Ding flog unter den Ärmel und bekam wohl Panik, als dieser wegen einer Windbö herumflatterte. Nachdem ich den Stachel herausgezogen hatte, schwoll der Arm rasch an, bildete sich aber bald wieder zurück und es war nur noch ein geröteter Fleck zu sehen, welcher leicht juckte. Doch was haben die für Bienen hier? Jetzt, wo ich 30 Stunden später diese Zeilen niederschreibe, ist der Zustand immer noch derselbe!

Unterwegs war es heute brutal heiss, und nach knapp 20 Kilometern war mir klar, dass ich das ca. 130 Kilometer entfernte Los Angeles heute nicht lebend erreichen werde... Die Strasse ging wie eine Achterbahn ständig rauf und runter, so dass ich da schon fast meine erste Wasserflasche aufgebraucht hatte! Zudem schmerzte zwischendurch auch mein rechter Unterschenkel . Wie bekommt man einen Muskelkater mitten in der Wade – oder habe ich da unbemerkt einen Schlag erhalten? Ich peilte dann Angol an, welches etwa in der Mitte zwischen Traiguén und Los Angeles liegt.

Landschaftlich war ausser den Hügeln nichts besonderes auszumachen. Die gelben Stoppelfelder gingen in gelbe Graslandschaften über, und dann waren dann auch zunehmend Wälder entlang der Strasse. Forstwirtschaft scheint in der Gegend sehr wichtig zu sein, denn die Wälder sehen künstlich aus (alle Bäume in Reih und Glied) und viele Lastwagen transportieren Rundholz.

Unterwegs ging es dann auch an ein paar Baustellen vorbei, da die Strasse neu asphaltiert wird. Da kam dann die Hitze von oben und unten, wenn man über Abschnitte fuhr, die gerade erst wieder dem Verkehr übergeben wurden!

Kurz nach 14 Uhr erreichte ich dann Angol und ich stoppte beim ersten Hotel am Wegesrand. Nach einem Besuch im Supermarkt 2 Blocks weiter (Brujas = Hexen, passt also ausgezeichnet zu meiner aktuellen Lektüre!), verbrachte ich dann die meiste Zeit im kühleren Hotelzimmer. Sollten die Temperaturen die nächsten Tage so hoch bleiben, werde ich wohl eine Taktik von kurzen Etappen anwenden und möglichst am frühen Nachmittag ein schattiges Plätzchen aufsuchen!

25.02.09, 64 km
Die Bedingungen waren heute genau so, wie ich mir das für gestern schon erhofft hatte: flache Strecke und Windunterstützung! Im Unterschied zu gestern war auch der Seitenstreifen durchgehend in der selben Qualität wie die Fahrbahn, so dass ich vom Verkehr ungestört dahinrollen konnte und meine Gedanken auf Themen wie IAS12 abschweiften.

Landschaftlich gab es nach der Überquerung vom Río Bío Bío insofern eine Änderung als dass das Gras nicht mehr überwiegend gelb, sondern grün war. Entsprechend waren aber auch Bewässerungssysteme auszumachen und ich hatte den Eindruck, dass der Fluss hier kaum mehr Wasser führt als wo ich ihn oben in den Anden bei Lonquimay gesehen habe.

Tagesziel war heute Los Angeles – natürlich nicht jenes bekanntere mit den Filmstudios, sondern auch ein kleines Städtchen in Chile trägt diesen Namen. Dank den erwähnten Bedingungen war ich bereits vor 12 Uhr da und konnte so der grössten Hitze entfliehen.

Als ich am Nachmittag durch die Strassen schlenderte, konnte ich dann mit dem gelben Doppelbogen aber doch noch ein amerikanisches Zeichen ausmachen. Dieses Emblem habe ich in Südamerika bisher erst in Montevideo und in Puerto Montt gesehen.

26.02.09, 87 km
Heute war ein Tag von Irrwegen und eventuellen Neuorientierungen. Gleich zu Beginn bei der Ausfahrt aus Los Angeles nahm ich eine falsche Strasse, die nach knapp 3 Kilometern in Schotter überging. Da dies ganz sicher nicht die gesuchte Route ist, kehrte ich um, und 500 Meter weiter nördlich war dann die richtige Abzweigung. Obwohl die beiden Strassen so nahe parallel verlaufen, gibt es nur diese eine Verbindung!

Der Seitenstreifen war heute zumeist wieder von schlechter Qualität, so dass ich mich meist auf der Fahrbahn bewegte. Da der Verkehr auf dieser Seitenstrasse aber relativ dünn ist, war dies kein Problem. In Canteras bog ich dann links ab und schlug wieder eine nördliche Richtung ein, um mich dann eben in Huépil wieder zu verfahren. Gemäss meiner Karte gibt es von diesem Ort aus zwei Strassen nach Yungay, wobei ich die östlichere, kürzere nehmen wollte. Kurz nach Dorfeingang gab es dann auch eine Gabelung, allerdings ohne Wegweiser. Ich nahm deshalb den rechten Arm, und bei der nächsten Verzweigung 2 Kilometer später waren dann zwar wieder Ortschaften angegeben, wobei jene geradeaus nicht auf meiner Karte war und die nach rechts nicht auf meiner Route lag. Also geradeaus – und ich fand mich wieder auf Schotter unterwegs. Nach 10 Kilometern auf diesem Untergrund und einer Erkundung einer Sackgasse fand ich dann doch noch die Strasse nach Yungay, wo ich dann am frühen Nachmittag eintraf.

Unterwegs beschäftigten mich wieder Gedanken, die erstmals auf Chiloé aufkamen und mich vor allem in den letzten paar Tagen wieder intensiv verfolgten. Bald werde ich bereits ein halbes Jahr auf Reisen sein, komplette 6 Monate. Es ist schön hier, keine Frage, aber irgendwie kann ich die Eindrücke nicht mehr in mich aufsaugen. Und man sollte ja dann aufhören, wenn es am schönsten ist – und ich hatte wahrlich viele schöne Momente in den vergangenen Monaten! Reisemüde wäre der falsche Ausdruck, aber wenn ich an den holländischen Alaska-Feuerland-Radler denke, den ich bei El Calafate getroffen habe… Dem war praktisch von der Stirn abzulesen: Ushuaia! Ushuaia! Ushuaia! Und einen solchen Zustand möchte ich wirklich nicht (wieder) erreichen! Zudem fühle ich mich wieder erholt und habe Lust auf andere Projekte, über die ich in der Pampa und an der Atlantikküste viel herumstudiert habe. Vielleicht ist deshalb der Zeitpunkt gekommen, diese Tour zu beenden. Ich werde sicher auch in den kommenden Tagen nur noch kurze Etappen machen und vielleicht den einen oder anderen Ruhetag einlegen, um etwas abzutrainieren. Und sollte sich die Stimmung in den kommenden Tagen nicht ändern, ist Santiago’s Flughafen nicht fern…

27.02.09, 70 km
Wie gestern war es wieder ein herrlich schöner Hochsommertag mit Hitze und strahlendem Sonnenschein. Da war ich froh, dass am früheren Vormittag wenigstens Bäume und Sträucher entlang der Strasse ein wenig Schatten spendeten. Die Etappe konnte auch heute als flach bezeichnet werden, doch es gab wieder ein paar steilere Anstiege als gestern, so dass ich wieder dazu gezwungen wurde, kleinere Gänge aufzulegen.

Von der Landschaft her könnte man meinen, im Mittelland unterwegs zu sein – und am Horizont sind ja auch Berge zu erkennen. Nur die Häuser und Vehikel lassen deutlich erkennen, dass ich auf einem anderen Kontinent unterwegs bin…

Chillán erreichte ich dann am frühen Nachmittag, als die Sonne so richtig einheizte und der Schweiss in Strömen floss. Als ich die Plaza des Armas gefunden hatte, verkroch ich mich dann in den kühlen Räumen eines nahegelegenen Hotels. Den Leuten hier scheinen die Temperaturen weniger auszumachen, denn als ich im Supermarkt einkaufen ging, waren die Trottoirs überfüllt!

Chillán, 27.02.2009
Gesamtkilometer: 10533














 
                     
Überblick Südamerika