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07.02.09 Futaleufú - San Carlos de Bariloche

283 km

   
via Trevelín (Argentinien); P.N. Los Alerces; El Bolsón

03.02.09, 52 km
Heutiges Ziel war das 50 Kilometer entfernte Trevelín – sozusagen eine Sprintetappe... Der Himmel war wieder weit weniger bewölkt als gestern, so dass ich der Sonne entgegen radeln konnte. Die ersten 11 Kilometer ging es noch auf Asphalt bis zur chilenischen Zollstation.

Dort erhielt ich meinen ersten Stempel dieses Jahr in den Pass. Da habe ich für diesen Monat hochgesteckte Ziele, da ich insgesamt nicht weniger als 12 Stempel „sammeln“ möchte!

Die Strecke war dann zumeist flach und der Belag gut, doch einige wenige Male hatte es auch hässliche Rippen drin, wo es nur langsam voran ging. Trotzdem erreichte ich dann nach dreieinhalb Stunden bereits Trevelín, wo ich mich dann den ganzen Nachmittag ausruhte. Dieses Dorf ist langgezogen entlang der Hauptstrasse, auf einer Länge von 5 Kilometern, aber zumeist keine 100 Meter breit. Der Zentralplatz, wo sich auch die Touristeninformation befindet, ist nicht wie üblich viereckig, sondern achteckig. Das gleicht schon fast einem Kreisel.

Als ich am Abend zu einem Restaurant lief, kam ich zufälligerweise an einer Bicicletería vorbei – das habe ich hier gar nicht erwartet. Da es aber schon spät war, muss mein Hinterrad bis Bariloche durchhalten, wo ich es dann neu zentrieren lassen will. Im Restaurant wäre dann auch noch WiFi-Empfang gewesen, doch ich hatte mein Notebook nicht dabei. Dafür ist mein Handy für die Provinz Chubut wohl ungeeignet. Wie an der Atlantikküste habe ich auch hier keinen Empfang, während andere frischfröhlich telefonieren...

04.02.09, 77 km
Wie in den vergangenen Tagen war es angenehm warm, so dass ich wiederum den ganzen Tag in Shirt und kurzen Hosen verbrachte. Nachdem ich Trevelín verlassen hatte, ging es gleich auf Ripio weiter. Dieser ist hier aber in einem weitaus besseren Zustand als alles, was ich bisher in Chile angetroffen habe. Nach 9 Kilometern ging es dann dafür steil bergauf, und als ich 5 Kilometer später oben angekommen bin (fast 300 Höhenmeter weiter oben), setzte dann überraschenderweise für 20 Kilometer Asphalt ein. So rollte ich locker in den Nationalpark Los Alerces.

Als es dann den verschiedenen Seen entlang auf Naturstrassen weiterging, hatte ich dann aber zwischendurch schon mit der Atmung zu kämpfen. Jedes Auto wirbelt furchtbaren Staub auf, der sehr fein ist und sich kaum mehr am Boden absetzen will! Die Bäume links und rechts der Strasse bekommen das auch zu spüren, denn die sind eher braun eingepudert denn grün...

Nach 65 Kilometern legte ich einen Stopp ein und war dann fast 2 Stunden zu Fuss unterwegs. Zuerst ging es da über eine kleine, schwankende Hängebrücke über einen Fluss, dann einen Waldpfad entlang, wo dann auch eine 300 Jahre alte Alerce zu sehen war. Auf dem Rückweg ging es dann an den Lagos Menendez und Verde vorbei.

Auf dem Rad ging es dann weiter, und wieder mal so richtig bergauf. Start bei etwas über 600 Meter, der Kulminationspunkt 3 Kilometer später (inklusive einer kleinen Abfahrt) auf 825 Meter! Da war kräftiges Schwitzen angesagt... Irgendwie hatte ich aber nicht das Gefühl, dass jeder herunterfallende Tropfen von meiner Stirn kommt – es wird doch nicht noch regnen, oder? Es ging dann fast so steil wieder hinunter und dann die letzten Kilometer flach bis zum Campingplatz von Rivadavia. Dort traf ich zusammen mit Marcelino aus Neuquén ein und wir bauten unsere Zelte auf.

Auch sonst gab es heute noch Radfahrer-Begegnungen: ein Israeli im Endspurt auf seiner Alaska-Feuerland-Fahrt, und Frederik aus Schweden, welcher in Bariloche startete und vielleicht auch bis Ushuaia hinunter fährt.

Im Restaurant gönnte ich mir wieder mal mein argentinisches Lieblingsessen, was ich in Chile nie finden konnte: Milanesa Napolitana! Als Beilage bestellte ich noch einen russischen Salat, doch das hat nicht ganz geklappt. Aber auch der gemischte Salat hat geschmeckt...

05.02.09, 70 km
Gestern nacht hat es wieder mal geregnet. Schon wieder. Zwar nicht fest, doch es hat gereicht, dass mein Zelt unter dem Holunderbaum nass wurde. Und da es auf dem Zeltplatz windstill war und sich die Sonne hinter Wolken versteckte, machte ich am Morgen einen kleinen Putz- und Ölservice am Fahrrad, bis ich dann aufbrach.

Gleich zu Beginn ging es wieder kräftig hinauf, doch die Fahrt nach Cholila wurde immer angenehmer. Einerseits gab es dann eine kleine Abfahrt, andererseits kam starker Wind auf, der mich vorärts schob. Zumeist war auch die Strasse gut, nur manchmal hatte es meine gefürchteten Rippen drin. Da hat man dann Paris-Roubaix-ähnliche Gefühle: solange man mit Speed über die Rippen fliegen kann, ist alles gut. Wird man aber langsamer (z.B. wegen Sandfallen oder Steigungen), wird man von den Löchern förmlich ausgehebelt, bis man fast steht!

Um Cholila herum war es praktisch eben, bis dann wieder ein ätzend langer Anstieg kam. Immerhin gab es da aber einige schöne Ausblicke auf die Andenkette. Eine Tafel kündete dann an, dass ich auf einen seit kurzem erneuerten Abschnitt kam – und ich wäre so froh gewesen, wenn der Zustand das Niveau der vorherigen Strasse erreicht hätte! Ich fühlte mich auf dem Rippen-Abschnitt wie auf einem internationalen Wettbewerb mit den chilenischen Werkelnden an der Carretera Austral: Wer schafft es, die brutalste Strasse zu bauen...?

Als ich den höchsten Punkt erreicht hatte, war es dann leider mit Schiebewind vorbei. Für ein paar Kilometer war es windstill, und dann fuhr ich in Gegenwind hinein. Da musste ich dann auf der asphaltierten Abfahrt Richtung Epuyén kräftig in die Pedale treten!

An der Abzweigung Richtung Epuyén ist ein Tourismusbüro, wo ich nach Unterkunftsmöglichkeiten fragte. Sie riefen ins Dorf an, und die scheinbar einzige Unterkunft dort war noch frei. Da habe ich das grosse Los gezogen, denn ich habe hier eine eigene Wohnung mit Bad, Küche und Schlafzimmer für 30 Pesos! Der Campingplatz gestern hat auch 20 Pesos gekostet...

06.02.09, 46 km
Zum Frühstück machte ich mir ausnahmsweise mal Tagliatelle an einer Tomatensauce. Gestern hatte ich ein Pack für 5 Portionen gekauft, und das war mir zum Nachtessen doch etwas zuviel. Ich begnügte mich da mit 3 Portionen, einem Liter Bananen-Joghurt und einer Rolle Kekse...

In Epuyén war es windstill – die letzten 4 Tage soll der Wind heftig geweht haben – und auf den 2 Kilometern hinauf zur Ruta 40 wurde es rasch heiss. Der Himmel war im schönsten blau, und die Berge standen da wie gemalt, mit ein paar klitzekleinen Wölkchen, die an den Flanken hängenblieben. Den neuntausendsten Kilometer konnte ich auf einer Abfahrt feiern, bevor es dann die nächste Steigung hochging. Oben angekommen, wartete dann der Wind wieder auf mich, der mich dann bis El Bolsón „begleitete“.

Bis kurz vor El Bolsón gab es dann dafür keine nennenswerten Steigungen mehr. Allerdings hatte ich zwischendurch das Gefühl, eine Zeitreise gemacht zu haben. Ich habe wohl noch nie in meinem Leben so viele Fahrzeuge aus den späten 60er und den 70er-Jahren gesehen. Und das nicht etwa, weil ein Oldtimer-Treffen in der Gegend wäre – die Fahrzeuge leisten ihren täglichen Dienst! Erkennen konnte ich vor allem Renaults, Peugeots, 2CV‘s und Fords. Es hatte aber auch noch andere Marken, die ich nicht identifizieren konnte.

El Bolsón ist von der Strassenplanung her eine völlig untypische Stadt für Südamerika. Auf den vielen diagonalen Strassen habe ich die Orientierung völlig verloren. Ob ich mich im Schweizer Strassendschungel wieder zurechtfinden werde? Ich fand dann das Tourismusbüro, wo ich mich anhand vom Ortsplan wieder neu sortieren konnte – und die Dame konnte mir auch gleich eine Bicicletería angeben. Dort fuhr ich dann gleich auch hin, um mein Rad zu zeigen, und machte mich dann auf Unterkunftssuche. Zuerst gegenüber der Bicicletería, doch da war alles voll. Dann ans andere Ende der Stadt, wo mir vom Tourismusbüro eine andere Unterkunft empfohlen wurde, doch auch da war derzeit nichts frei. Also zurück zur Bicicletería, wo gleich daneben ein Hotel steht – und da habe ich dann mein Gepäck abgeladen und das Fahrrad zur Reparatur geschoben.

El Bolsón war in den 70er-Jahren eine Hippie-Hochburg – und ist es wohl immer noch. Es liefen jedenfalls eine Menge entsprechender Gestalten vorbei, als ich gegenüber der Plaza ein spätes Mittagessen einnahm. Zur Feier des Tages gönnte ich mir dann wieder mal einen grossen Eisbecher und kühlte mich so ein wenig runter.

Um 8 Uhr abends konnte ich dann das Velo wieder abholen. Die Speichen am Hinterrad sind nun wieder alle satt, das Rad zentriert, die Kette um 1 Gleich gekürzt und gespannt, und der Fahrradständer festgezogen. Ich hoffe, dieser Service wird mein Vehikel wieder für ein paar tausend Kilometer auf der Strasse rollen lassen... ...

07.02.09, 39 km
Als ich am Morgen aufwachte, schaute ich auf die Natel-Uhr. 7.04. Ok, Zeit zum Aufstehen – aber warum ist es so dunkel draussen? Ach ja, ich bin wieder in Argentinien, und hier wird die Uhrzeit von Buenos Aires angezeigt. Also noch eine Stunde schlafen...

Dank dem Stadtplan fand ich den direkten Weg raus aus El Bolsón Richtung San Carlos de Bariloche. Die Strasse stieg dabei auf 30 Kilometer unentwegt an. Sanft zwar, aber eben nur bergauf, für über 500 Höhenmeter. Aber so im Hochsommer mit dem Fahrrad unterwegs zu sein ist einfach herrlich, auch wenn der Kalender erst anfangs Februar anzeigt...

Dann folgte für 5 Kilometer eine Abfahrt, bis es wieder bergauf ging. Da hatte ich plötzlich ein eierndes Gefühl im linken Pedal, das sich rapide verschlimmerte. Ich hielt an und musste mit Entsetzen feststellen, dass das Pedal querdurch einen Riss hat und deshalb nach innen gekrümmt ist. Habe ich mittlerweile so viel Kraft, dass ich das Pedal zerreisse (eher unwahrscheinlich), oder ist das eine Spätfolge vom Zwischenfall in Ciudad del Este (das ist aber über 7‘000 Kilometer her!)?

Ich krümmte das Pedal zurück und versuchte vorsichtig weiter bergauf zu fahren, doch das hielt nicht lange an. Etwa 2 Kilometer später hatte ich dann das Pedal zwar immer noch an den Schuhen, nur war dieses leider nicht mehr mit dem Velo verbunden – durchgebrochen! Was nun? Zurück nach El Bolsón, die 5 Kilometer das Fahrrad hinaufschieben und hoffen, dass der Schwung dann auch auf den flacheren Passagen ausreicht? Ich entschied mich dann, mein Gepäck abzuladen und den Daumen rauszustrecken, wenn ein geeignetes Fahrzeug auftauchte (mit einem Fahrrad und so viel Gepäck muss man wählerisch sein; ein Fiat Uno wäre wenig hilfreich...). Nach etwa 15 Minuten hatte ich Glück und ein Minivan hielt an. Wir hoben das Fahrrad aufs Dach und verstauten das Gepäck im Innenraum, wo auch schon zwei deutsche Autostopper sassen.

Gemeinsam fuhren wir dann die verbleibenden knapp 90 Kilometer durch die wunderschöne Landschaft nach Bariloche, wo ich direkt vor einem Fahrradfachgeschäft ausgeladen wurde. Dort hatten sie auch eine gleich lange und ähnlich geformte Kurbel, welche rasch montiert war. Auch Argentinier können sich manchmal beeilen, wenn man um 12.50 Uhr ein Geschäft betritt und um 13.00 Uhr Mittagspause ist...

Nachdem ich auch etwas gegessen und einen Platz im Hostal gefunden hatte (beim ersten Versuch!), lief ich noch ein bisschen durchs Städtchen. Dabei dachte ich natürlich auch besonders oft an die Heimat, da heute ja der erste Konzert- und Theaterabend ist. Ob alles wie geplant verläuft?

Bariloche, 07.02.2009
Gesamtkilometer: 9081














 
                     
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