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12.11.08 Río Gallegos - Ushuaia

509 km

   
via Cerro Sombrero; San Sebastián; Río Grande; Tolhuin

08.11.08, 107 km
Die Windspiele gehen weiter – heute mit bis zu Stärke 9!

Dank dem Stadtplan im Reiseführer fand ich die Stadtausfahrt problemlos. Dabei wurde ich auch noch vom Wind unterstützt – doch damit war es dann rasch vorbei. Das Tempo sank dann infolge Windstärke und Richtung auf 15 km/h, dann auf 12, 10, 8... Für lange Zeit fuhr ich dann im ersten Gang und erreichte mit viel Mühe knapp 5 km/h! Die Böen jagten mich dabei immer wieder quer über die Strasse, so dass ich mich mal in Schrägfahrt, mal torkelnd vorwärts bewegte. Und es gibt Autofahrer, die glauben, dass ich bei diesen Bedingungen besser geradeaus fahren kann, wenn sie lange genug hupen...

Nach 49 km, 20 km vor der Grenze zu Chile, hielt dann ein Pickup an. Da habe ich das Rad gerne aufgeladen... So konnte ich mit einer Familie aus Punta Arenas bis Kimiri Aike mitfahren, welche gerade vom shoppen in Río Gallegos zurückkam. Vor ein paar Jahren haben sie am selben Ort auch schon mal einen Kanadier aufgelesen, der mit seinem Rad im Wind hing...

Die Zollabfertigung verlief praktisch problemlos. Nur am argentinischen Zoll war die Dame so überrascht, dass sie so einen verrückten Radler vor sich hat, dass sie prompt vergessen hat, die Ausreise in den Pass zu stempeln. Zum Glück habe ich aber gleich den Pass kontrolliert und den Stempel doch noch bekommen...

Ab Kimiri Aike hatte ich dann herrlichen Rückenwind. Die 16 km bis zur Fähre schaffte ich in weniger als einer halben Stunde – und das erst noch ohne Kraftanstrengung! Dort angekommen, freute ich mich schon über das perfekte Timing, da die Fähre gerade anlegte. Es dauerte dann aber trotzdem noch eine ganze Weile, bis diese wieder beladen wurde. Dafür war die Schiffspassage dann kostenlos, denn für ein Fahrrad wollten sie an der Kasse nichts verlangen – auch gut!

Meist mit Rückenwind legte ich dann die ersten 40 km auf Feuerland auf einer feinen Betonpiste zurück. Als ich nach Cerro Sombrero abzweigte, konnte ich aber leider schon das „Fin de Pavimiento“-Schild sehen...

In Cerro Sombrero traf ich dann um 18:30 Uhr gleichzeitig mit einem belgischen Töff-Pärchen ein. Sie sind seit etwas mehr als 3 Wochen unterwegs und fuhren von Buenos Aires nach Ushuaia. Morgen steuern sie Puerto Natales an, dann gehts den Anden entlang bis Kolumbien – 5 Monate auf Achse. Und es kommt sicher nicht oft vor, dass sich Flamen und Deutschschweizer beim Nachtessen auf spanisch verständigen...

09.11.08, 87 km
Nachdem ich mich die knapp 5 km zurück auf die Hauptstrasse gekämpft hatte, begann mein erster längerer Ripio-Abschnitt. Mit dem nun herrlichen Rückenwind ging es dabei die ersten 35 km noch flott voran. Danach waren für 20 km mühsame Gegenwind- und Seitenwind-Verhältnisse angesagt.

Dabei habe ich komplett die Orientierung verloren: Auf meiner Karte macht die Strasse einen markanten Knick Richtung Osten, weshalb ich eine Linkskurve erwartete. Die Strasse bog dann aber nach rechts ab... Bei Callén war es dann genau umgekehrt – komisch. Jedenfalls hatte ich dann jenachdem wieder Seiten- oder Rückenwind, und ich kam bis km 75 wieder rascher voran, obwohl die Naturstrasse nicht mehr so gut war wie am Morgen.

Danach wurde es aber grausam! Ich hoffe, dass dieses Müsterchen chilenischen Strassenbaus mein einziges solches Erlebnis sein wird! Offenbar wurde vor kurzem eine frische Schicht Schotter auf die Strasse geschüttet. Dadurch war die feste Spur nur noch wenige Zentimeter breit. Daneben war en zentimetertiefes Mus, wo die Räder unweigerlich stecken bleiben. Schon bei Rückenwind war es ausserordentlich schwierig, die Spur zu halten – bei Seitenwind war dies schier unmöglich! So hat es mich auch zweimal kurz nacheinander vom Velo geschmissen, als mich eine Bö ins Mus drängte. Auch schieben war mühsam: Da die Räder dann leicht schräg auf dem Boden rollen, rutschten diese immer wieder quer über den Untergrund.

Als ich wegen dem Seitenwind wieder in einer solchen Schiebe-Passage war, nahm mich Gastón mit seinem Pickup mit. Damit legte ich die 28 km nach San Sebastián (Chile) weniger verkrampft zurück... Hier logiere ich in der Hostería kurz vor der Grenzstation. Dort werde ich mich morgen vorerst mal aus Chile „auschecken“...

10.11.08, 95 km
Nach dem Frühstück um 8.00 Uhr ging es direkt zur chilenischen Grenzstation wenige hundert Meter weiter. Dabei war der Himmel bereits vollends bedeckt, während in den vergangenen Tagen erst im Verlaufe des Tages Wolken aufzogen. Dafür hat der Wind etwas nachgelassen – und der Ripio war auch besser fahrbar. Noch besser war der Untergrund auf der argentinischen Seite, da es dort praktisch kein loses Geröll hat – bis auf eine längere Kurve, die eher einem Bachbett glich...

Ich befûrchtete dann schon, dass ich den argentinischen Zoll verpasst habe, denn es befanden sich bereits Estancias entlang der Strasse – kann das sein? Nach 15 Kilometer bekam ich dann aber doch noch den nächsten Stempel in den Pass.

Ab der Grenzstation war dann auch die Strasse wieder asphaltiert. Da spürte ich rasch, dass das Velo nicht mehr richtig rollt. Das Vorderrad drehte einwandfrei – doch hinten hat es eine Gepäckträger-Schraube rausgerüttelt. Deshalb wackelt das Gepäck nun bedenklich und berührt das Hinterrad bei heftigen Bewegungen oder wenn ich aus dem Sattel gehe.

Die Strasse drehte bald in den Wind, und ich flog förmlich Río Grande entgegen. Die Geschwindigkeit sank selten unter 30 km/h, und nur einmal, als es eine Steigung hinauf ging, unter 20 km/h!

Nachdem ich in Río Grande ein Hotel gefunden hatte, putzte und reparierte ich das Velo. Das Schutzblech vom Vorderrad habe ich ja seit gestern morgen auf den Gepäckträger geschnallt, da es komplett gebrochen ist. Deshalb konnte ich dann eine der Befestigungsschrauben nun für den Gepäckträger verwenden. An der Hinterradnabe musste ich zudem feststellen, dass sich ein Riss stark vergrössert hat und wohl bald durchbricht. Es sind aber nur noch 230 Kilometer bis Ushuaia....

11.11.08, 116 km
Heute morgen habe ich mich leicht verschlafen. Ab 07.00 Uhr gibt es im Hotel Frühstück. Gewöhnlich stehe ich dann eine halbe Stunde vorher auf. Um 05.30 Uhr erwachte ich ein erstes Mal, um 06.10 Uhr zum zweiten Mal. Ach, noch 20 Minuten im warmen Bett kuscheln... – und schon war es 06.54 Uhr!

Auf der Strasse ging es zunächst hart in den Gegenwind. Die Ruta 3 verlässt Río Grande westwärts, um nach 10 km wieder ans Meer zurückzukehren. Diese Schlaufe wird sicher seine Gründe haben – topografisch konnte ich jedenfalls keine erkennen... Es ging dann noch ein paar Kilometer dem Meer entlang, so dass ich mich ausgiebig vom Atlantik verabschieden konnte. Wann werde ich den Pazifik zu Gesicht bekommen? Das wird wohl nich eine Weile dauern...

Zum ersten Mal seit fast 2 Monaten traf ich dafür wieder andere Rad-Toureros. Nach 50 Kilometer kamen mir Dave und Tom aus London entgegen, welche in Ushuaia starteten und den Anden entlang bis Caracas radeln wollen. Tom hatte jedenfalls schon seine liebe Mühe mit dem Gegenwind – und meine Kunde, dass sie dann von San Sebastián bis Porvenir nicht nur Gegenwind, sondern auch noch Ripio vor sich haben, konnte seine Miene auch nicht erhellen...

Ein Tour-Start in Ushuaia ist wohl etwas vom härtesten, was man machen kann: kalt, windig, Ripio – und lange Distanzen zwischen Verpflegungs- und Unterkunftsmöglichkeiten. Zudem sind die ersten Tage einer Tour meiner Ansicht nach sowieso die mental schwierigsten, bis man den Rhythmus gefunden hat. Obwohl Uruguay rückblickend ein einfaches Pflaster war (mit Ausnahme der langen Distanzen zwischen den Städten), brauchte ich etwa 10 Tage, bis ich sicher war, überhaupt die Iguazú-Wasserfälle zu erreichen... Oliver aus München, den ich dann kurz vor Tolhuin traf, wusste jedenfalls, worauf er sich einlässt. Er war hier schon mal unterwegs und musste dann in Peru nach einem Handbruch aufgeben. Nun soll es in 2 Jahren bis nach Alaska gehen. Vielleicht sehe ich die drei später mal wieder, da wir auf ähnlichen Routen Richtung Norden vorstossen werden.

Unterwegs hat sich die Landschaft markant verändert. Nach mehreren Tagen Grasland waren da plötzlich wieder Wälder zu sehen! Ich glaube, dass letzte Mal sah ich so was vor etwa einem Monat... Die Bäume waren zuerst klein und knorrig, wurden dann aber rasch grösser und grüner. Zudem wurde es auch wieder etwas hügeliger – und zum ersten Mal in Südamerika erblickte ich dann richtige Berge – teilweise sogar schneebedeckt! Die Anden sind also in Reichweite...

Da ich weniger Gegenwind als befürchtet hatte, konnte ich problemlos Tolhuin erreichen. Dort fuhr ich dann an den Lago Fagnano hinunter und stellte das Zelt erstmals auf einem Campingplatz auf. Den Inschriften zufolge haben hier schon einige Radler übernachtet – heute scheine ich aber der einzige Gast an diesem idyllischen Ort zu sein. Die Szenerie mit dem See und den Schneebergen im Hintergrund ist einfach sensationell!

12.11.08, 103 km
Am Morgen war es so warm wie schon lange nicht mehr. Deshalb schnallte ich die Jacke zunächst auf den Gepäckträger und fuhr so die 4 km auf Ripio dem Lago Fagnano entlang. Als ich dann die leicht erhöhte Ruta 3 wieder erreichte, waren Jacke und Handschuhe aber rasch wieder am Körper...

Nach 15 Kilometern kamen mir die 4 brasilianischen Motorradfahrer wieder entgegen, welche mich auf dem Weg nach San Sebastián überholt hatten. Oliver hatten sie ja erzählt, dass ich aus Schweden kommen würde – Suiza und Suecia ist halt nicht dasselbe...

In ständigem Auf und Ab ging es mehr oder weniger dem Lago Fagnano entlang, immer wieder den Wind im Gesicht. Nach 40 Kilometer kam endlich die lang ersehnte Kurve, und 5 Kilometer später erreichte ich den Lago Escondido. Das war dann auch der Einstieg zum anspruchvollsten Teil der heutigen Etappe, da es nun zum Paso Garibaldi hinaufging. Dabei kam die Schneefallgrenze auf der gegenüberliegenden Bergflanke immer mehr auf Augenhöhe,,, Es gab aber immer wieder herrliche Ausblicke hinunter auf den Lago Escondido und den Lago Fagnano. Auf der Passhöhe hängte ich dann für die folgenden Kilometer wieder mal die Hinterradbremse ein und genoss die Abfahrt.

35 Kilometer vor Ushuaia befand sich ein Centro Touristico am Wegesrand, wo ich mir einen Teller Hamburger gönnte. Als ich wieder raus kam, musste ich dann feststellen, dass es kurz vorher zu regnen begonnen hat. Zudem hatte ich das Gefühl, einen riesigen Bremsklotz am Hinterrad zu haben – obwohl die Bremse wieder ausgehängt war. Es brauchte schon eine starke Neigung, bis das Velo eigenen Vortrieb entwickelte. Kaum war es flacher, war eine unglaubliche Plackerei angesagt – und der Regen wurde auch nicht weniger... 20 Kilometer vor Ushuaia wurde es dann glücklicherweise nochmals steiler, so dass ich mich dann erst wieder auf den letzten 7 Kilometer abrackern musste.

In Ushuaia drin habe ich dann das Hostal Antárctica nach einmaligem Studium vom Reiseführer rasch gefunden – es war das nächste Gebäude... Hier bleibe ich nun 2 Wochen, bis es mit dem Schiff weitergeht.

Ushuaia, 13.11.2008
Gesamtkilometer: 6136


 
                     
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